Ist Influencer Marketing auch für B2B-Unternehmen von Relevanz? Wir haben den Journalisten und Blogger Falk Hedemann um einen Gastbeitrag gebeten:
Kaum ein Trendthema innerhalb der digitalen Kommunikation wird derzeit so aktiv und zum Teil auch kontrovers diskutiert wie das Influencer Marketing. Zwar werden „Beeinflusser“ schon lange im Marketing eingesetzt, aber erst mit Social-Media-Plattformen wie YouTube und Instagram wurde daraus ein richtiges Business. Heute verzichten einige junge Menschen sogar auf ein Studium und setzen sich selbstbewusst ein entsprechendes Berufsziel: Sie wollen Influencer werden. Dabei gibt es diesen Beruf offiziell gar nicht.
Dennoch steigt die Zahl derer, die mit der Beeinflussung anderer Menschen gutes Geld verdienen wollen, schnell und spürbar an. Die dafür nötigen Reichweiten sind rasch aufgebaut, vorausgesetzt man weiß, wie es geht. Und die Nachfrage aus dem B2C-Bereich ist enorm. In Zeiten, in denen traditionelle Werbung und klassische Kommunikation immer weniger funktionieren, ist die
Verlockung, über Influencer große Zielgruppen anzusprechen, sehr groß. Längst haben Consumer-Marken ihre Budgets entsprechend verlagert und es entsteht ein neuer Markt mit vielen Vermittlern und Profiteuren. Im Prinzip ist daran auch gar nichts auszusetzen, denn authentische Produktempfehlungen direkt in die Zielgruppe hinein können hochwirksam sein. In der Praxis sieht das jedoch oft anders aus. Bei vielen Kampagnen sieht man relativ schnell, dass zwischen dem Produkt und dem Influencer überhaupt keine Beziehung besteht. Wie zum Beispiel bei #coralliebtdeinekleidung.
Natürlich gibt es auch B2C-Kampagnen, die wirklich gut gelaufen sind. Auffällig oft sind dabei Marken und Produkte involviert, die sich besonders auf junge Zielgruppen fokussieren. Hier spielen vor allem Instagram und YouTube ihre Stärken aus und die hohen Reichweite der Beauty- und Fashion-Influencer kommen richtig zur Geltung. Daraus könnte man ableiten, dass Influencer Marketing nur für B2C interessant und wirksam ist. Das wäre dann allerdings ein Fehler.
Warum Influencer auch für B2B wichtig sind
Im B2B-Bereich spielt Influencer Marketing noch keine so prominente Rolle und dafür gibt es auch gute Gründe. Hier haben Reichweiten eine geringere Bedeutung und auch die junge Zielgruppe steht nicht im Mittelpunkt der Interessen. Zudem ist der Werbedruck insgesamt nicht so groß, so dass sich die Veränderungen der Werbelandschaft weniger gravierend auswirken. Muss sich also ein B2B-Unternehmen gar nicht erst mit Influencern beschäftigen? Ja und nein. Das reine, kampagnenorientierte und eher kurzfristig angelegte Influencer Marketing aus dem B2C-Bereich lässt sich nicht 1:1 auf B2B kopieren. Dennoch werden Influencer auch hier in Zukunft relevanter werden.
Schon lange ist bekannt, dass Entscheider im B2B eine Kaufentscheidung oftmals schon vor dem direkten Kontakt mit dem Anbieter getroffen haben (vgl. Forrester-Studie). Das bedeutet auch, dass sie sich indirekt beeinflussen lassen. Oft geschieht dies aber nicht über eine Werbekampagne, sondern viel eher über Informationen von Branchenexperten, die sie indirekt über Social Media oder direkt über persönliche Gespräche einholen. Sie haben ein großes Interesse an Informationen, die ihnen dabei helfen, ihre Entscheidungen wohlüberlegt und risikominimiert zu treffen. Dafür vernetzen sie sich mit anderen Entscheidern und Branchenkennern, die ihnen neutrale Informationen anbieten können.
Und genau an dieser Stelle kommen wir zurück zu den Influencern. Im B2B sind das oft jene Branchenexperten, die ihr Wissen und ihre Erfahrung gerne teilen und mit anderen darüber kommunizieren. Sie zeichnet aber nicht nur ihre Expertise aus, sondern auch ihre hochgradige Vernetzung innerhalb eines sehr speziellen Themenbereichs. Das macht sie für alle interessant, die sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigen und die auf der Suche nach praxisnahen Erfahrungen sind. Darüber hinaus sind sie natürlich auch für die Unternehmen wichtig, die andere Unternehmen als Kunden suchen.
Es geht um wertvolle Beziehungen
Anders als bei den Werbekampagnen mit den Instagram-Sternchen und YouTube-Megastars sind B2B-Influencer selten primär an einer direkten Monetarisierung interessiert. Ihnen geht es vielmehr um Wissen und Vernetzung – also um das, was sie erst so interessant gemacht hat. Das wiederum lässt sich nicht über Influencer Marketing vermitteln, dafür brauchen wir Influencer Relations.
Es geht ganz konkret um den Aufbau von Beziehungen zwischen den Unternehmen und den Branchenexperten. Dass das keinesfalls eine leichte Aufgabe ist, wird schon bei der Identifizierung der Experten deutlich. Dazu brauchen die Kommunikatoren des Unternehmens selbst sehr gute Einblicke in die Branche. Ist die Identifizierung gelungen, stellt sich als nächstes die Frage, wie die Beziehung für beide Seiten nützlich sein kann. Im Influencer Marketing ist das einfach geregelt: Der Influencer wird bezahlt, fertig.
Beziehungen funktionieren so aber nicht. Hier geht es zunächst um das Kennenlernen und damit ist keinesfalls die vielleicht sogar noch ungefragte Aufnahme in den PR-Verteiler gemeint. Viel besser geeignet sind dialogorientierte und wertschätzende Interaktionen auf Social-Media-Kanälen. Später kann der Kontakt vertieft werden, beispielsweise durch eine Einladung zu einem Event, einer Diskussionsrunde oder einer Produktvorstellung mit exklusiven Hintergrundinformationen. Daraus kann sich dann im Laufe der Zeit eine gegenseitig geschätzte Beziehung entwickeln. Das funktioniert aber nur, wenn der Influencer selbst einen Nutzen für sich erkennen kann. Hat er dagegen das Gefühl, dass das Unternehmen ihn als Sales-Kanal und Lead-Generator ansieht, wird der Beziehungsaufbau schnell scheitern.
Influencer Relations ist ein langfristiges Invest
Wer den schnellen Erfolg sucht, sollte sich andere Taktiken überlegen. Influencer Relations ist eine Marathondisziplin, die viel Zeit benötigt und immer den Status „Ongoing“ behalten wird. Dafür ist die Wirkung aber auch ebenso langfristig und geht über einen kurzfristigen Peek in der Sichtbarkeit einer Marke hinaus.
Die Frage „Influencer Marketing oder Relations“ ist auch die Frage danach, ob man eine Taktik einsetzen will oder doch besser eine Strategie.
Über den Autor
Falk Hedemann ist freier Journalist (u.a. für LEAD digital, W&V) und Blogger. Mit seiner langjährigen journalistischen Erfahrung steht er Unternehmen als Berater und Sparringspartner für digitale Kommunikation, Content-Strategie und -Marketing zur Seite. Als Mitherausgeber des UPLOAD Magazins beschäftigt er sich mit dem professionellen Einsatz von Social Media. Online zu finden ist er
auf seinem privaten Blog oder bei Twitter.
Dieser Beitrag ist im Zuge unseres Whitepapers zu Influencer Kommunikation entstanden. Den Ergebnisbericht zu unserer Umfrage finden Sie hier.