“Die Jugend” ist keine Zielgruppe
Ob Azubi oder Uni-Absolvent, junge Menschen werden angesichts demografischer Entwicklung von Unternehmen in allen Funktionen händeringend gesucht. Entsprechend relevant ist für effektive Arbeitgeberkommunikation bei den verantwortlichen Personalern und Recruitern das zugehörige Wissen: „Wie sind die Jungen denn so drauf, was erwarten sie von uns und wie können wir sie zu uns locken?“
Die unendliche “Generation Y”
Mit dem Begriff von der „Generation Y“ hat sich vor einigen Jahren erstmals auch das Bild verfestigt, dass eine ganze Kohorte an jungen Menschen nach einem bestimmten Muster gebaut ist. In zahlreichen Studien und noch viel mehr Medienberichten ist beschrieben, welche Eigenschaften Angehörige der sogenannten „Generation Y“ haben, oder welche Werte ihnen wichtig sind. Marcus K. Reif (Head of Recruitment and Employer Branding, Ernst & Young GmbH) hat auf seinem Blog im vergangenen Jahr bereits einige sehr schöne Fundstücke zusammengefasst – hier zu finden. Zurecht weist Reif auch immer wieder darauf hin: In vielen Unternehmen stellt die sogenannte “Generation Y” mittlerweile die größte Alterskohorte, teilweise sogar die Mehrheit der Beschäftigten. Was wir gerade erleben: Die Beschreibung von vermeintlichen oder tatsächlichen Eigenschaften der “Jugend” wandert weiter zur “Generation Z”. Inwieweit es diese als homogene Gruppe gibt und inwieweit sie erforscht ist, spielt schon gar keine Rolle mehr: die ersten Bücher dazu sind auch schon geschrieben. Das lustigste davon stammt von Christian Scholz und trägt auch den Namen “Generation Z”. Besonders bemerkenswert: Die vom Autor erfundene Protagonistin, welche die angeblich typischen Eigenschaften der Kohorte ideal verkörpert, gehört selbst altersmäßig gar nicht dazu.
Zurück zur Praxis der Arbeitgeberkommunikation!
Das Problem dieser Generationsdefinitionen für die Arbeitgeberkommunikation: Sie helfen nicht weiter!
Letztendlich spiegeln sie zwar den allgemeinen Wertewandel wider, wie er die komplette Gesellschaft mit nachwachsenden Generationen durchzieht. Für eine Kommunikationsstrategie können sie aber keinen präzisen Ansatz liefern. Wer es dennoch auf dieser Basis versucht, landet schnell in der Beliebigkeit und Austauschbarkeit, wie eine kleine Studie zeigt, die wir im vergangenen Jahr gemacht haben – hier als Quiz beim Personalmagazin veröffentlicht.
Was tun?
Wer Arbeitgeberkommunikation für junge Zielgruppen betreiben will, muss differenzieren. “Die Jugend” als homogene Masse oder einheitliche Kohorte gibt es nicht. Die Abiturientin aus einem Lehrerhaushalt in Bremen und der oberbayerische Azubi im Gebäudereinigerhandwerk unterscheiden sich fundamental. Das mögen zwei stereotype Figuren sein, die Realität ist jedoch noch viel bunter. Auch wenn der Titel täuscht: Matthias Kaufmann hat hier auf SPIEGEL ONLINE eine sehr gute Zusammenfassung für Einsteiger verfasst, wie vielfältig “die Jugend” sich aufgliedern lässt.
Und das führt uns unmittelbar zum praktischen Ansatz, eine zielgruppengerechte Kommunikationsstrategie zu entwickeln. Wir haben diese mal unterteilt in:
4 Schritte zur effektiven Arbeitgeberkommunikation
Zielgruppenanalyse
Ausgangsfrage: Welche Menschen mit welchen Profilen benötigen wir?
Ansatz: Wir schauen bei uns selbst, wer diese Kriterien (potenziell) erfüllt.
Fragen: Welche Werte und Interessen haben diese Menschen, was ist Ihnen wichtig, worin finden sie sich wieder?
In welches Profil münden diese Erkenntnisse?(Bewerber-)Marktanalyse
Wo finden wir Menschen, die unserem Zielprofil entsprechen?
Was bewegt diese Menschen gerade, worüber reden sie?
Wer beeinflusst sie in ihren Entscheidungen, an welchen Vorbildern orientieren sie sich?Themen definieren und platzieren
Welche Aspekte aus der Themenwelt der Bewerber-Zielgruppe finden wir in uns selbst als Unternehmen?
Wie verwandeln wir diese Aspekte in eine stimmige Erzählung über uns?
Wie platzieren wir uns selbst in Themenwelten, Communities und Diskussionen der Bewerber?Dialog führen
Das Schwierigste:
Wie gelingt es uns, als Teilnehmer der Community akzeptiert zu werden?
Wie halten wir einen stetigen Strom an eigenen Beiträgen aufrecht?
Wie lösen wir Feedback aus, wie reagieren wir darauf?
Damit wir uns nicht missverstehen: Wer beispielsweise gewerbliche Azubis, kaufmännische Uni-Absolventen und die zukünftigen technischen Experten an mehreren Standorten sucht, muss die beschriebenen vier Schritte konzeptionell jeweils separat durchlaufen.
Die Alternative?
Zocken. Raten. Geld verbrennen. Trial and Error. Glück haben. Es geht immer auch anders.
Wer allerdings dauerhaft erfolgreiche Arbeitgeberkommunikation betreiben will, für den führt an einem systematischen Ansatz kein Weg vorbei. Denn nur dieser ermöglicht es, eine belastbare Grundlage für Planung und Steuerung, und in der Folge für Weiterentwicklung zu bekommen. Für viele in der Personalfunktion sind diese Aspekte der Kommunikation neu. Die Vergangenheit hat ein solches Herangehen nicht verlangt. Die Zukunft wird es tun. Sie werden das Thema nicht mehr los werden – also kümmern Sie sich darum.