Es schneit, die Heizung läuft nicht, der Strom ist abgestellt und treffen darf man auch niemanden, weil wieder Lockdown ist: Die mediale Berichterstattung der letzten Monate hat oftmals ein düsteres Szenario vom Winter 2022 gezeichnet. Bei einem Teil der deutschen Bevölkerung hat das dazu geführt, dass sie Nachrichten vermeiden. Sei es, um damit negative Stimmungen abzuwehren, oder weil sie vielen Menschen zu kompliziert aufbereitet sind. Neue Zahlen zeigen: Gerade die junge Zielgruppe hat oft keine Lust auf News.
Reuters analysiert Nutzungsverhalten in 46 Ländern
Der Reuters Institute Digital News Report analysiert jährlich die Nachrichtennutzung in verschiedenen Ländern, 46 in der aktuellen Ausgabe. Insgesamt wurden 93.432 Menschen befragt. Danach vermeiden in Deutschland 65 Prozent der Befragten Nachrichten zumindest teilweise, jede:r Zehnte ab 18 Jahren sogar oft. In den letzten fünf Jahren haben sich diese Zahlen in allen Altersgruppen deutlich erhöht. Unter den 18- bis 24-Jährigen sind sie von vier Prozent 2017 auf zehn Prozent 2022 angewachsen und bei den über 55-Jährigen von drei Prozent auf sieben Prozent. Insbesondere die 25- bis 34-Jährigen haben weniger Lust auf Nachrichten: 77 Prozent entziehen sich den News zumindest teilweise.
Corona und Politik
Doch welche Gründe hat diese Nachrichtenvermeidung? Für knapp die Hälfte (47 Prozent) der Befragten, die den News gelegentlich aus dem Weg gehen, ist der Schwerpunkt auf Corona/Politik dafür ausschlaggebend, etwa 39 Prozent schlägt deren Konsum negativ auf die Stimmung – und 32 Prozent fühlen sich von der schieren Menge überfordert. Im Altersvergleich stechen in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen andere Gründe heraus: 16 Prozent haben das Gefühl, dass sie mit den Informationen nichts anfangen können und 21 Prozent sind der Meinung, dass Nachrichten zu Streitigkeiten führen können. Jede:r Zehnte dieses Alters findet es außerdem zu schwer, den Nachrichten zu folgen – in der Gesamtschau sind dies sechs Prozent.
Weltweiter Trend
Doch nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt scheint man newsmüde zu sein. So ist der Anteil der Konsument:innen, die angeben, Nachrichten oft oder manchmal zu meiden, in allen Ländern stark gestiegen. Länderübergreifend meiden etwa vier von zehn Personen unter 35 Jahren häufig oder manchmal die Nachrichten, bei denen über 35 Jahren ist es ein Drittel. In letzten fünf Jahren hat sich dieser Wert sowohl in Brasilien (54 Prozent) als auch in Großbritannien (46 Prozent) verdoppelt – bei vielen Befragten sind negative Auswirkungen auf ihre Stimmung der Grund. Auch global gesehen gibt ein signifikanter Anteil jüngerer und weniger gebildeter Menschen an, sich von Nachrichten fernzuhalten, weil sie ihnen nur schwer folgen können.
Konstruktive Haltung einnehmen
Die Erhebung zeigt: Für immer mehr Menschen ist es nicht selbstverständlich, Nachrichten zu konsumieren. Ein maßgeblicher Faktor ist die Weltlage als solche, geprägt durch Unsicherheit, Krise und Komplexität – Aspekte, die sich so natürlich nicht ändern. Was sich aber ändern ließe, wäre die Aufbereitung von Information: Mehr Verständlichkeit und eine konstruktive Berichterstattung mit Fokus auf die Sache könnten hier eine Richtung sein.