Wo finden Menschen ihre Informationen? Wie wählen sie Nachrichten aus? Und wie sehr vertrauen sie diesen? Das sind Fragen, die der Digital News Report 2022 des Reuters Institute weltweit und auch für Deutschland beleuchtet hat. Als Tendenz zeigt sich: Eine wachsende Zahl an Menschen versucht, Nachrichten zu vermeiden. Insgesamt sinkt das Interesse an News – das Vertrauen in etablierte Medienmarken ist aber gerade im internationalen Vergleich nach wie vor hoch, auch wenn sich der pandemiebedingte Sprung wieder etwas abgenutzt hat.
Direkter Weg zum Nachrichtenportal
Wo bislang das Fernsehen die Hauptquelle für Nachrichten war, steht 2022 das Internet an erster Stelle: Dem Digital News Report zufolge verwenden die meisten erwachsenen Onliner in Deutschland 2022 das Internet als Nachrichtenpool. Mit 68 Prozent Reichweite sticht es somit das Fernsehen mit 65 Prozent aus. Noch 2021 waren beide an dieser Stelle auf dem gleichen Level.
Das am häufigsten für den Nachrichtenkonsum verwendete Gerät ist das Smartphone – gleichzeitig dominiert aber nicht Video, sondern Text. 58 Prozent lesen Nachrichten am liebsten, nur jede:r Zehnte präferiert Videos.
Wenn Menschen im Netz nach Nachrichtenangeboten suchen, wählt ein Teil von ihnen offenbar sorgfältig aus, was sie lesen oder sehen und nimmt den direkten Weg auf das bevorzugte Newsportal: Laut der Erhebung greifen 36 Prozent unmittelbar auf eine Website oder die App eines Nachrichtenangebots zurück. Nutzer:innen zwischen 18 und 24 Jahren setzen am ehesten auf eine Suchmaschine (35 Prozent), um zu einer bestimmten Nachrichtenseite zu gelangen. Andere in dieser Altersgruppe wiederum entscheiden sich für die Vorauswahl und nutzen den durch die Algorithmen von Social Media kuratierten Newsfeed – 32 Prozent klicken sich via soziale Medien zu ihren Nachrichteninhalten.
Social-Media-Quellen
Über alle Altersgruppen hinweg sind beim Social-Media-Konsum WhatsApp (15 Prozent), YouTube (14 Prozent) und Facebook (17 Prozent) vorne dabei. Telegram hingegen, der Kanal, der berühmt dadurch wurde, dass sich dort die Querdenker radikalisiert haben, taucht an der Stelle gar nicht auf. Hinzu kommt: Der Austausch via WhatsApp zeigt, dass Diskussionen zum Nachrichtengeschehen offenbar auch im engeren Freundes-und Familienkreis eine Rolle spielen.
Beunruhigende Nachrichten fördern Informationsmüdigkeit
Corona, Ukraine-Krieg, Inflation: Das Netz ist voll von Informationen mit beunruhigenden Inhalten. Tatsachen, die anscheinend auch den Medienkonsum beeinflussen. Jeder zehnte Onliner im Alter ab 18 Jahren versucht oft bewusst, Nachrichten zu vermeiden; 65 Prozent zumindest gelegentlich. So lässt die Befragung den Schluss zu, dass die als zu viel empfundene Berichterstattung zu Themen wie Politik und Corona die am häufigsten genannte Ursache (47 Prozent) ist, Nachrichten aus dem Weg zu gehen. Hinzu kommen negative Auswirkungen auf die Stimmung und Erschöpfung aufgrund der Nachrichtenflut. Diese Entwicklung – so unmittelbar nachvollziehbar sie für viele wirken mag – ist bedenklich. Die Hintergründe beleuchten wir in einem separaten Blogpost. Denn für Medien und für eine informierte Öffentlichkeit ist unser Umgang mit Informationen und Nachrichten natürlich ein wichtiges Thema – und auch für Kommunikator:innen ist es stets wichtig, sich damit zu beschäftigen, wie Informationen Menschen erreichen.
Furcht vor Desinformation
Fake News, aktuell etwa zu Fakten rund um das Corona-Virus oder den Ukraine-Krieg, grassieren im Netz, und dort vor allem in den sozialen Medien. Das beschäftigt offenbar auch die Nutzer:innen. 32 % von ihnen verspüren Bedenken, eventuelle Falschmeldungen nicht von Fakten unterscheiden zu können. Die größten Befürchtungen zeigen sich hier mit 40 Prozent bei den jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren. Die Mehrheit der Befragten (45 %) setzt nicht zuletzt auch deshalb bei der Quellenauswahl von Nachrichten im Internet auf bestimmten Nachrichtenmarken; 12 Prozent hingegen sehen ausgewählte Journalist:innen und Kommentator:innen als das entscheidende Auswahlkriterium für News.
Die Nachrichtennutzung ist aktuell geprägt von äußeren Einflüssen aus Gesellschaft und Politik. Das schlägt sich zum einen in einer Abwehrhaltung gegenüber Information nieder, zum anderen aber auch in mangelndem Vertrauen in den Wahrheitsgehalt von Nachrichten. Aber: Obwohl die meisten Internetnutzer:innen heute das Netz als Hauptnachrichtenquelle ansehen, vertrauen sie den Hauptnachrichten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten am meisten. Der Vertrauenspunkt geht also an die Tagesschau und gibt Anlass zu Zuversicht.