Künstliche Intelligenz ist eines der aktuell heißesten Themen – in der Technologie- und Innovationskommunikation als Buzzword, aber auch, wenn es um die konkrete Umsetzung in Wirtschaft und Alltagsleben geht.
Nur: Wovon reden wir da eigentlich? Was heißt Künstliche Intelligenz, was bedeutet sie? Nicht jedes algorithmengesteuerte Stück Software hat gleich etwas mit KI zu tun – so wenig, wie alles, was nicht auf dem eigenen Server im Keller liegt, gleich Cloud Computing ist.
Und was bedeutet KI nicht nur für Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch ganz konkret für unser Berufsfeld? Denn es geht nicht nur darum, dass wir für unsere Kunden darüber informieren und Potenziale aufzeigen – sondern auch darum, was es für unser eigenes Arbeiten heißt. Welche Chancen bietet KI für Kommunikation und Marketing, wie wird sie Agenturen verändern? Und wie hat sie es bereits?
Diesen Fragen wollen wir in den kommenden Monaten nachgehen – mit Blick auf unsere Branche.
Zum Start haben wir unsere Kollegen gefragt – was heißt KI für dich? – Und schon in einer mittelgroßen Agentur mit viel Technologie-Know-how zeigt sich, dass hinter dem schlanken Kürzel ein breites Spektrum steckt.
Ein paar Schlaglichter:
„Unter Künstlicher Intelligenz verstehe ich, wenn eine Maschine Entscheidungen treffen und Empfehlungen aussprechen kann, die auf Daten basieren. Wenn ich beispielsweise jeden zweiten Dienstag im Monat eine bestimmte Strecke fahre und mir Siri mir auf Basis der Verkehrssituation rechtzeitig vor der Abfahrt meldet, wie lange diese Fahrt heute dauern würde und dass ich bald losfahren müsste, wenn ich es pünktlich schaffen will, dann ist das für mich KI.“
„KI ist für mich ein datengesteuertes System, das auf Basis von Regeln (i.e. Algorithmen) in Echtzeit oder sehr schnell Tätigkeiten ausführt und logische Entscheidungen trifft, die durch die weitere Befütterung von Informationen „im Betrieb“ ohne ständige neue Justierung ihren Tätigkeitsumfang präzisiert optimiert, also das, was man unter selbstlernend versteht.“
„KI antizipiert aufgrund der Auswertung großer Datenmengen zu einem Thema oder eine Aufgabe Antworten oder Verhalten von Menschen und lernt aus der Reaktion auf diese Antworten, den Zugang zum Thema oder zur Aufgabe fortlaufend zu verbessern.“
„KI ist für mich ein lernendes System, das sich a) durch massiven Input von Daten und b) durch „Lernerfahrungen“ (der Mensch „erzieht“ die Maschine/lebt vor) dahin entwickelt, in klar definierten Situationen, eigenständig eine Entscheidung zu treffen bzw. sich für eine Verhaltensweise zu entscheiden. Was ich mich aber noch immer frage: Wo hört ML auf und wo fängt KI an? Begriffe rund um KI kursieren wahnsinnig viele…
In der Tat hängen auch viele Fragen am Thema Künstliche Intelligenz – Ethische Fragestellungen, regulative und juristische.
Und natürlich ist momentan viel Hype dabei.
„Für mich ist alles, was in der Medienberichterstattung und vielleicht auch beim Kunden als KI bezeichnet wird, keine echte KI. Der Begriff wird in meinen Augen zu sehr gehypt. Es ist dennoch alles „nur“ ein Programm, geskriptet und ein schnelles Abgleichen von Mustern, um daraus eine Lösung/Handlung usw. abzuleiten. Echte KI lernt in meinen Augen selbständig, passt sich an, erweitert sich selbst (Algorithmen etc.).“
Klar, im wissenschaftlichen Sinn ist das, was wir im Markt sehen, zumeist keine echte KI, kein selbstlernendes Netzwerk, sondern häufig noch sehr regelgestützt. Trotzdem mehren sich die Fälle, in denen die KI zur Black Box wird, weil selbst die Entwickler nicht nachvollziehen können, woran die Software Entscheidungen festmacht.
Was heißt KI für die Praxis?
Pragmatisch betrachtet geht es uns aber um die Mehrwerte, die (disruptiven) Veränderungen, die entstehen können – und bereits entstehen.
Dabei muss man nicht nur ins Ausland schauen, etwa nach Großbritannien, wo Publicis vor einigen Monaten den Pilot-Rollout von Marcel gestartet hat – seiner selbst entwickelten KI-Plattform, die als intelligente Datenbank die Zusammenarbeit und den Know-how-Transfer zwischen den 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gruppe dort stärken soll.
Denn, wie etwa die KI-Landkarte Deutschlands der Plattform Lernende Systeme zeigt, gibt es über 500 KI-Projekte in Deutschland. Der European Communications Monitor 2019 zeigt klar, dass sich die Kommunikationsbranche Gedanken über KI macht: Drei Viertel der befragten Branchenköpfe sagen, dass KI den Kommunikationsberuf verändern wird, für ein Drittel ist auch klar, dass es die eigene Arbeitsweise (33,9 Prozent) oder die der Abteilung/Agentur (37,2 Prozent) stark betreffen wird.
Dafür braucht es keinen Marcel, das geschieht schon jetzt: Wer mit Tools wie DeepL (ein sehr erfolgreiches deutsches Start-up, im übrigen) Texte übersetzt, um sich mit internationalen Ansprechpartnern auszutauschen, Transkriptionslösungen für Aufzeichnungen verwendet, bei Marketing-Kampagnen mit automatisierten Creatives und Empfehlungen aus seiner Software arbeitet, Chatbots einsetzt – der arbeitet bereits mit KI. Und der Weg dazu, dass zwei Assistenzsysteme Meeting-Termine ausmachen, und Mitarbeiter steigen erst zum Ergebnis in diesen Abstimmungsprozess ein, der ist auch nicht mehr weit.
Was bereits eine Rolle für unseren Agenturalltag spielen kann, was in nicht allzu ferner Zukunft kommt – und warum wir trotzdem alle weiterarbeiten werden, aber teilweise eben anders – damit beschäftigen wir uns in den kommenden Monaten.