Nachdem sich Influencer Marketing im B2C-Umfeld auf dem Hype-Cycle eher auf dem Weg ins Tal der Tränen befindet, steht das Thema im B2B-Bereich noch am Anfang. Doch es spricht einiges dafür, dass sich das in Kürze ändern wird, daher ist es für Marketing- und Kommunikationsverantwortliche wichtig, sich einen genaueren Überblick über diese bisher eher dunkle Seite des Influencer Marketing-Mondes zu verschaffen. Hier sind einige zentrale Empfehlungen, was dabei beachtet werden sollte.
Nach dem Boom im B2C-Segment wollten wir herausfinden, welche Relevanz das Thema Influencer Marketing im B2B-Business besitzt, welchen Mehrwert es bringen kann und welche Strategie den größten Erfolg verspricht. Aus diesem Grund haben wir in Kooperation mit der Hochschule Darmstadt Kommunikations- und Marketingexperten kleiner, mittlerer und großer Unternehmen befragt. Die Ergebnisse zeigen in erster Linie, dass es mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten zwischen B2C und B2B gibt. Die Ursache dafür liegt vor allem darin, dass Kaufentscheidungen komplexer sind, rationaler getroffen werden und Fakten als Basis wichtiger sind.
Reputation schlägt Reichweite
Die fachlichen Inhalte, die spezifische Kompetenz und die persönliche Reputation der Influencer sind den meisten Befragten im B2B-Kontext wichtiger als deren Reichweite. Diese wird erst an fünfter Stelle (von 7) genannt, wenn es um Kriterien für die Zusammenarbeit geht.
Lieber Kunden als YouTuber sprechen lassen
Die Reihenfolge der wichtigsten Personengruppen unterstreicht die enormen Unterschiede zwischen den Bereichen: Kunden und Business-Partner gelten als am besten geeignete B2B-Influencer, vor Journalisten und Mitarbeitern – Prominente und YouTuber landen hingegen auf den letzten Plätzen.
Es ist eine große Herausforderung, den richtigen Influencer zu finden
Der primär an Fakten und weniger an Emotionen orientierte Kaufprozess im B2B-Bereich führt dazu, dass Reputation bei der Auswahl des richtigen Influencers weit wichtiger ist als Reichweite. Denn um ein Interesse zu wecken oder gar eine Kaufentscheidung zu beeinflussen, muss eine echte, relevante Verbindung zwischen Unternehmen, Produkt und Influencer gegeben sein. Deshalb ist die Auswahl der Influencer entscheidend für den Erfolg einer Kommunikationsmaßnahme, jedoch ist sie besonders in spezifischen Marktsegmenten oder Nischen sehr komplex. Es gilt der Grundsatz: Je spezifischer das Marktsegment, desto schwieriger ist es, Influencer zu identifizieren.
Mitarbeiter nicht vergessen – Corporate Influencer haben großes Potential
Immer mehr Unternehmen entdecken das enorme Potenzial von Mitarbeitern als Multiplikatoren. Auch wenn in der Praxis häufig (noch) eine Lücke zwischen Anspruch und Realität klafft, wie unser ehemaliger Kollege René Weber zurecht in einem Beitrag für PR-Blogger anmerkt, lohnt hier definitiv ein intensiver Blick auf die enormen Möglichkeiten. Und die Liste denkbarer Kandidaten in Unternehmen ist lang, wie diese drei Beispiele exemplarisch zeigen:
In Deutschland gibt es vermehrt Chefs wie Dieter Zetsche (#1 der LinkedIn Top Voices 2017), die das Social Web als Sprachrohr nutzen. So können CEOs Aufmerksamkeit für ihr Unternehmen generieren und sich selbst zu bestimmten Themen positionieren.
Tech Evangelists sollen Personen für eine bestimmte Technologie begeistern. Nicht als Verkäufer, sondern eher als Ideengeber. Fast jedes große Technologieunternehmen beschäftigt heute solche Experten, bei LinkedIn sind mehr als 2.000 zu finden. Twitter, LinkedIn und Co. bieten für ihre Kommunikation inzwischen ebenso so großes Potenzial wie der Weg über klassische Medien.
„Normale“ Arbeitnehmer werden in erster Linie aus Recruiting-Zwecken eingesetzt, um als authentische Stimmen den Joballtag in ihrem Unternehmen zu beschreiben. So hat OTTO Ende 2017 ein internes Jobbotschafter-Programm gestartet, bei dem 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Botschaftern für das Unternehmen aus- und weitergebildet wurden. So sollen potenziellen Bewerbern und dringend gesuchten Fachkräften Kultur und Arbeitsatmosphäre bei OTTO nähergebracht werden.
Chancen und Risiken bedenken
Ein Corporate Influencer-Programm sollte jedoch keinesfalls als Ad hoc-Aktion umgesetzt werden. Denn die zahlreichen Vorteile – Mitarbeiter besitzen eine hohe Glaubwürdigkeit und können dem Unternehmen in Sachen Reichweite einen Multiplikator-Effekt verschaffen, sie geben dem Unternehmen ein Gesicht und eine Stimme und tragen dazu bei, Reputation und Image ihres Arbeitgebers zu stärken – sind ebenso zu bedenken wie die möglichen Risiken: Unternehmen können nicht über die Social-Media-Kanäle des Mitarbeiters „verfügen“. Ein solches Programm bedeutet automatisch auch einen Kontrollverlust, bei einem Jobwechsel können Influencer ihre Bekanntheit dann für andere Unternehmen einsetzen. Zudem gilt es, im ersten Schritt die Ziele zu definieren, die mit dem Einsatz von Corporate Influencern überhaupt erreicht werden sollen.
Erfolgreiche B2B-Influencer Kommunikation in 3 Schritten
Grundsätzlich sollten Entscheider folgende Punkte bedenken, wenn sie über den Einsatz von Influencern nachdenken.
- Strategische Influencer Kommunikation ist ein Marathon und kein Sprint
Wer keine Ausdauer in Form von Geduld, Zeit, Dialogbereitschaft und Themen hat, wird das Ziel nicht erreichen. - Corporate Influencer sind kein Feld für Quick Wins
Gerade Corporate Influencer werden derzeit extrem gehyped. Denn der Ansatz sieht auf den ersten Blick so einfach aus. Doch das ist ein Irrtum. Die Idee vom Einsatz der eigenen Mitarbeiter als Eierlegende Wollmilch-Influencer, die mit dem richtigen Content versorgt für Reichweite sorgen und die Reputation ihres Arbeitgebers steigern, klingt charmant, funktioniert aber in der Praxis nicht ohne die richtige Strategie. - Wie wird der Erfolg gemessen?
Bei der Festlegung der Ziele ist es zwingend notwendig, auch die Parameter beziehungsweise die KPIs zu definieren, wie deren Erreichung gemessen wird. Geht es eher um Aufmerksamkeit oder um Reputation? Stehen Image und der Aufbau langfristiger Beziehungen oder eher das Thema Absatzsteigerung im Vordergrund? Nur wenn diese Fragen beantwortet und die dazugehörigen qualitativen und quantitativen Ziele festgelegt wurden, können der Erfolg überprüft und die Strategie falls nötig optimiert werden.
Influencer Komunikation im B2B-Umfeld: Eine eher seltene Spezies
Kaufentscheidungsprozesse sind im B2B-Umfeld komplexer, dementsprechend können Kommunikation und Marketing nur selten kurzfristig zum Erfolg führen. Daher sollten die formulierten Anforderungen an den Einsatz von Influencern keine zu hohe Hürde darstellen. Gleichermaßen sollte der Entscheidung eine strategische Planung auf Basis von konkreten Zielen zugrunde liegen. Bis dahin bleibt noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten, damit die bisher umgesetzten Projekte einiger Unternehmen nicht länger Einzelfälle bleiben, sondern ein fester Bestandteil im Kommunikations- und Marketing-Mix werden.