Der zweite Tag der re:publica hatte einiges zu bieten: Brainhacking, die Grundrechte in Zeiten der Digitalisierung, Virtual Reality und, wie auf es sich für eine deutsche Veranstaltung im Zeichen der Digitalisierung gehört, ging es natürlich auch um Datenschutz und Sicherheit. So diskutierten ein Kriminologe, ein Polizeibeamter und eine Kommunikationsforscherin in der Session “Wir hab’n Polizeit” über die Chancen und Risiken der Polizeiarbeit in Zeiten von Twitter, Facebook und Instagram.
Die Arbeitsbedingungen im Newsroom waren, sagen wir mal, “ungewöhnlich”: Direkt neben dem HR Festival von IBM platziert, kamen wir in den Genuss eines Live-Orchesters, einen Tango-Kurs und Gruppen-Atemübungen. Journalistisches Arbeiten unter Extrembedingungen – kein Problem für das Team des #rp-Newsroom.
Weitere Highlights des zweiten Tages im Überblick:
“Wie erreichen wir, dass die iPhone-Stimme Siri einem Suizidgefährdeten die nächste Seelsorge anzeigt und nicht die nächste Brücke?” Diese spannende Frage wurde in der Diskussion zur Digitalcharta gestellt. Die Charta ist ein Versuch von prominenten JournalistInnen, PolitikerInnen, WissenschaftlerInnen und NetzaktivistInnen, die Grundrechte auf EU-Ebene an die digitalisierte Welt anzupassen. Die insgesamt 27 Artikel der Charta geben Impulse in Sachen Datenschutz, künstliche Intelligenz und Meinungsfreiheit im Netz. “Wenn Facebook, Twitter und Google heute bestimmen können, was wir sagen dürfen, dann müssen wir das diskutieren”, so Jeanette Hofmann, Professorin für Internetpolitik am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Die Digitalcharta soll BürgerInnen künftig nicht nur vorm Staat schützen, sondern auch vor der Macht internationaler Großkonzerne. Doch die Ansätze zur möglichen Umsetzung gehen (noch) auseinander.
Auf dem Weg zum Neurokapitalismus?
Treibt Brainhacking uns in eine neuronale Zweiklassengesellschaft? Diese Frage stand im Fokus des Vortrags von Miriam Meckel, Kommunikationswissenschaftlerin und Herausgeberin der Wirtschaftswoche. Sie stellte aktuelle Erkenntnisse zu digitaler Selbstoptimierung und Brainhacking vor und erläuterte, dass es mittlerweile mit technischen Mitteln möglich sei, die menschlichen Gedanken zu manipulieren und zu steuern. In den USA ist gute Laune schon per Knopfdruck erhältlich. Für 300 US-Dollar verändert eine Elektrode mit zugehöriger App den Gemütszustand. Eine beklemmende Vorstellung wenn man bedenkt, wohin sich dieser Trend entwickeln kann.
VR – die Sehnsucht nach Phantasiewelten
Virtual Reality ist eigentlich ein alter Hut, sagte T3N-Chefredakteur Luca Caracciolo in seinem Talk “A deep history of VR”. Noch wirke VR wie eine Spielerei mit ausgedachten Parallelwelten, doch sie werde sich immer mehr in unseren Alltag einfügen. Caracciolo erinnerte daran, dass der Mensch schon seit Jahrtausenden mit Phantasiewelten lebt. “Es wird in Zukunft völlig egal sein, wo wir sind. Überall können wir uns Menschen dazuholen.” Eine Oldschool-VR-Variante haben wir übrigens im Laboretory selbst getestet:
Abseits der ernsten Talks und Diskussionen hatte das FashionLab Berlin auch am zweiten Tag wieder kreative Workshops im Angebot, in denen Technologie und Design auf raffinierte Weise miteinander verbunden wurden: Unter dem Titel “Laser your own Phone Speaker to go” konnten mit Isabelle Tellie eigene Lautsprecher zusammengebastelt werden, mit Lina Wassong und Laura Hughes entstanden leuchtende Ketten mit einem 3D-gedruckten Anhänger, “Glowing Vonoroi Pendant”.
Peng! Auf Konfrontatonskurs mit platter PR
Zum Abschluss des zweiten Tages stellte das “Peng!-Kollektiv”, eine Gruppe von Berliner KünstlerInnen, AktivistInnen, HandwerkerInnen und WissenschaftlerInnen, ihre aktuellen Kampagnen vor. Sie bezeichnen sich selbst als Gegenspieler klassischer PR-Agenturen und möchten mit ihren satirischen Kampagnen die Öffentlichkeit informieren und Druck auf Wirtschaft und Politik ausüben. So riefen sie beispielsweise fiktive Friedenspreise ins Leben und zeichneten u. a. Thyssen Krupp aus. Diese Neuigkeit machte zunächst als seriöse Nachricht die Runde, entpuppte sich dann aber als Coup des KünstlerInnenkollektivs.