Internationale Kommunikation in sechzehn Ländern? Das ist für die MOBOTIX AG, ein mittelständisches deutsches Softwareunternehmen mit eigenen IP-Kameras bei Kaiserslautern und Technologiepionier des dezentralen IP-Videokonzeptes, seit mehreren Jahren erfolgreich gelebte Realität. Am Anfang jedoch standen die Kernfragen, die sich heute viele Mittelständler stellen: Wie lassen sich bestehende Inhalte über verschiedene Kulturen hinweg effektiv und effizient kommunizieren? Wie kann eine sinnvolle Planung der Kommunikation zwischen dem Unternehmenssitz und den jeweiligen nationalen Einheiten aussehen? Wie können eine sinnvolle Koordination, schlanke Abstimmungsprozesse und eine einheitliche internationale Kommunikation in den einzelnen Ländern erreicht werden?
Warum kommunizieren viele Mittelständler nicht international?
Diese Fragen lassen vermuten, dass internationale Unternehmenskommunikation für Mittelständler eine große Herausforderung ist. Tatsächlich belegt die Studie „Mittelstandskommunikation 2015“ (Universität Leipzig / Fink & Fuchs Public Relations AG) dass zwar sieben von zehn befragten Unternehmen im Mittelstand im Ausland aktiv sind, jedoch 40 Prozent außerhalb Deutschlands keine aktive Kommunikationsarbeit betreiben. Die größten Herausforderungen betreffen die Rahmenbedingungen im Ausland, insbesondere die Berücksichtigung lokaler Mentalitäten und Kulturen (70,6%) sowie die oft schwer erfassbare Medienlandschaft (66%) und öffentliche Meinungsbildung (63,3%).
Lisa Demmerle, Public Relations bei MOBOTIX, war schnell klar, diesen Anforderungen kann man nur mit externer Hilfe gerecht werden: „Wir haben uns für eine zentrale Steuerung und Koordination aus der Unternehmenszentrale kombiniert mit regionalen Partneragenturen sowie Mitarbeitern als lokalen Ansprechpartnern entschieden. Fink & Fuchs übernahm die Rolle der Lead-Agentur und ist damit die Schnittstelle zwischen uns und dem globalen Agenturnetzwerk. Als rechte Hand koordiniert das Team international erfahrener Kommunikationsexperten die Zusammenarbeit aller Agenturen, stellt sicher, dass ein einheitliches Unternehmensbild vermittelt wird und sich die zentralen Botschaften in allen lokalen Kampagnen wiederfinden.“
Die passende Kommunikationsinfrastruktur aufbauen
Grundsätzlich bieten sich drei mögliche Modelle für eine Strukturierung.
- Eine Steuerung der Kommunikationsprozesse vom Unternehmenshauptsitz aus garantiert einen hohen Grad an Konsistenz, da alle Inhalte zentral erstellt und an die Länder weitergegeben werden. Die Implementierung in den einzelnen Märkten gestaltet sich jedoch oft schwierig, da die nötige Nähe und lokale Kenntnisse fehlen.
- Dies bieten im Gegenzug dazu beim Modell der dezentralen Steuerung vor Ort tätige Manager, die selbst für die lokale Kommunikation verantwortlich sind. Der Abstimmungsaufwand mit der Firmenzentrale ist jedoch ungleich höher und eine konsistente Kommunikation kaum umzusetzen.
- Das dritte Modell besteht in einer Kombination der ersten beiden (Beispiel MOBOTIX): für grenzüberschreitende Kommunikationsaktivitäten wird an eine entsprechend aufgestellte Agentur beauftragt. Diese steuert in enger Zusammenarbeit mit dem PR-Team in der Unternehmenszentrale die länderspezifischen Maßnahmen und stellt eine größtmögliche Anpassung an individuelle Marktbedürfnisse sicher. Das Unternehmen profitiert von einem überschaubaren Ressourcenaufwand und einfachen Abstimmungsprozessen mit der Lead-Agentur, die entweder selbst die Kommunikation in den einzelnen Ländern betreibt oder aber lokale Partneragenturen anleitet.
Länderspezifika kennen und für internationale Kommunikation bedienen
Um auf internationalem Parkett kommunikativ mittel- bis langfristig erfolgreich zu sein, ist es wichtig, eine funktionierende Infrastruktur und Kommunikationskanäle aufzubauen sowie ein Gespür für landesspezifische Herausforderungen zu beweisen. Hier können unterschiedliche Erwartungshaltungen im Umgang mit lokalen Medien schnell zu Misserfolgen führen. In den USA spielen digitale Kommunikation und Social Media beispielsweise die Hauptrolle: Pressekonferenzen finden oft über das Web statt und Redakteure erwarten kurze Themenvorschläge über Twitter. Frankreich dagegen betreibt eine eher traditionelle Pressearbeit und legt Wert auf persönlichen Kontakt per Telefon oder E-Mail. Auch in den BRIC-Staaten wird persönliche Interaktion hoch geschätzt; dabei sind technische Seminare, die Expertenwissen vermitteln rund um das Thema „Made in Germany“ gern gesehen.
Grundlegend für alle Länder ist der persönliche Kontakt zu Journalisten und Meinungsbildnern. Ein Türöffner dafür kann eine internationale Fachmesse sein, auf der ein Unternehmen ausstellt. Diesen Weg schlug Fink & Fuchs beispielsweise dem US-Unternehmen Littelfuse vor. Rhonda Stratton, Global Marketing Communications Manager bei Littelfuse, erklärt: „Wir wollten unsere Kommunikationsaktivitäten über die USA hinaus auf Europa ausweiten und wählten dafür Deutschland als Kommunikations-Hub. Die Präsenz unserer Manager auf der electronica in München bot uns die ideale Plattform für den Kontaktaufbau mit Journalisten führender Fachzeitschriften und Internetportale u. a. aus Großbritannien, Spanien, Frankreich, Skandinavien und Italien. Aus diesen ersten Kennenlern- und Hintergrundgesprächen entstanden in den darauffolgenden Monaten europaweit interessante Redaktionsoptionen und entwickelte sich die Basis einer dauerhaft guten Zusammenarbeit mit wichtigen Meinungsbildnern in den einzelnen Ländern.“
Egal für welches Modell sich Unternehmen entscheiden und welchen Einstieg sie für den Kontaktaufbau mit Journalisten wählen, internationale Kommunikation ist stets ein Balanceakt zwischen der globalen Firmenlinie und den lokalen Anforderungen. Wer diese Gradwanderung meistert, kann langfristig erfolgreich auf internationaler Ebene agieren.
Einige Inhalte des Artikels erschienen unter dem Titel „Andere Länder, andere Sitten“ im Wirtschaftsmagazin der IHK Gießen-Friedberg.