Vor kurzem sprach ich mit Prof. Dr. Thomas Pleil, Direktor der Abteilung Kommunikationsmanagement des Instituts für Kommunikation und Medien (ikum), über “Erfolgsmessung in der Kommunikation”. Einige der interessantesten Gedanken habe ich hier einmal zusammengestellt:
Wenn Sie aktuell eine Bestandsaufnahme zum Thema „Erfolgsmessung in der Kommunikation“ vornehmen würden – wie fällt Ihr Fazit aus?
“Wir haben – vor allem in der wissenschaftlichen Diskussion – an sich recht gute Modelle, um Erfolge in der Kommunikation deutlich besser zu messen als es in weiten Bereichen der Praxis getan wird. Nach meinem Eindruck wird dort häufig noch zu wenig investiert und zu wenig systematisch gearbeitet – beginnend mit der Stakeholder-Analyse, einer messbaren Zielformulierung und schließlich der eigentlichen Messung der Zielerreichung.
Jedoch gibt es noch weitere Probleme in diesem Zusammenhang. Da ist zunächst die Frage, welche Erwartungen (interne) Kunden an die Kommunikation haben. Nur wenn diese realistisch sind und mit Hilfe von Kommunikationsmaßnahmen erreicht werden können, kann eine Erfolgsmessung sinnvoll funktionieren.
Außerdem muss man genau schauen, was eigentlich durch Kommunikation erreicht werden soll: Geht es um Meinungsbildung, Akzeptanz, um Image oder um die Unterstützung von Marketingzielen? Generell darf man nicht unterschätzen, wie vielschichtig Entscheidungs- und Meinungsbildungsprozesse bei Stakeholdern sind. Die Annahme eines kausalen Zusammenhangs zwischen einer Kommunikationsmaßnahme und einem automatisch entstehenden Ergebnis in den Köpfen der Menschen, ist in vielen Fällen naiv. Denn Stakeholder erhalten meist sehr vielfältige Informationen aus den unterschiedlichsten Quellen. Sie machen eigene Erfahrungen mit Produkten oder dem Service und sie tauschen sich mit ganz unterschiedlichen Menschen aus, sodass es schwierig sein kann, all dies in der Erfolgsmessung genau zu rekonstruieren und zu gewichten. Hinzu kommt ein Sonderfall: Wir tun uns naturgemäß schwer, das Abwenden von Schaden etwa in der Krisenkommunikation oder das Sichern der Licence to operate in Wert zu setzen.”
Der Begriff „Digitale Transformation“ ist derzeit in aller Munde. Inwieweit hat diese digitale Transformation auch Einzug in die Erfolgsmessung von Kommunikation gehalten?
“Uns stehen in der Onlinekommunikation so viele Daten wie noch nie zur Verfügung. Beispielsweise wissen wir ziemlich genau, wie Nutzer auf unsere Themen stoßen, was sie mehr und was sie weniger interessiert und vieles mehr. Hieraus lernen Unternehmen in vielerlei Hinsicht, können Content Strategien optimieren etc.
Ob das Potenzial dieser Daten tatsächlich genutzt wird, bezweifle ich jedoch, wenn es um die breite Anwendung in Unternehmen geht. Verbunden ist dies mit der Frage nach der Kompetenz, mit entsprechenden Daten umzugehen – gelegentlich werden in der Erfolgsmessung alte Logiken einfach auf die digitale Welt übertragen, passen dort aber überhaupt nicht hin – oder waren in der Print-Welt schon falsch. Gleichzeitig brauchen wir aber auch eine Diskussion darüber, welche Verwendung welcher Daten legitim ist.”
Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Hürden, um eine Veränderung in Gang zu setzen und was könnten Treiber sein?
“Da sehe ich wie gesagt mehrere Hürden: Die klare Positionierung der Kommunikation und ihrer Leistungen, die Kompetenz von Agenturen und Unternehmensabteilungen sowie die Weiterentwicklung von Modellen der Erfolgsmessung. Wichtig ist hierbei auch, dass die Stakeholder nicht zwischen Online und Offline trennen; auch solche Aspekte müssen wir berücksichtigen. Als Treiber für Veränderungen sehe ich Druck von außen, hauptsächlich durch das Top-Management, und ich hoffe, dass die Ausbildung mittelfristig auch einen Beitrag leisten kann. So lernen zum Beispiel unsere Studenten im neuen Studiengang Onlinekommunikation Aspekte wie Daten- und Webanalyse und damit unter anderem auch die im Marketing verwendeten Methoden kennen. Aus meiner Sicht brauchen wir an dieser Stelle ein Zusammenwirken von Kommunikationswissenschaft, Informationswissenschaft und Marketing.”
Inwieweit werden sich im Zuge dieser Veränderungen die Budgets für die Erfolgsmessung von Kommunikation verändern?
“Ach, da wage ich keine Prognose. Schon als ich vor gut 25 Jahren in die PR eingestiegen bin, wussten alle, dass hierfür mehr Hirnschmalz und Geld notwendig wären. Stattdessen ist PR – die ich als langfristige und dauerhafte Kommunikationsaufgabe sehe – mehr und mehr zu einem Projektgeschäft geworden, zumindest aus Agentursicht.”
Kurzbiografie von Prof. Dr. Thomas Pleil:
- Studium der Journalistik mit Schwerpunkt PR und Erwachsenenbildung; Nebenfächer: Politikwissenschaft, Soziologie (Uni Eichstätt)
- Promotion zu PR-Forschung (Uni Salzburg)
- PR-Praxis in Agenturen, selbständig und als Leiter einer PR-Abteilung
- Professor für PR an der Hochschule Darmstadt
- Institut für Kommunikation und Medien (ikum: Sprecher des Direktoriums)
- Leiter des Studiengangs Onlinekommunikation (Beginn: WS 14/15)