Immer mehr Themen rund um Corporate Responsibility beeinflussen immer mehr Kaufentscheidungen der Deutschen. Gleichzeitig wird der Blick auf die handelnden Unternehmen kritischer. So das Fazit der interessanten Studie „CSR auf dem Prüfstand 2010“ von Icon Added Value. Zum zweiten Mal – nach 2007 – hat das Beratungsunternehmen die Bedeutung von CSR-Themen in unserer Gesellschaft und für die Markenführung gemessen. Und seit 2007 hat sich einiges getan.
CSR wird auf breiter Basis wichtiger für die Kaufentscheidungen der Menschen. Laut Studie sagten 47 Prozent der in 2010 Befragten, dass viele oder einige ihrer Kaufentscheidungen durch CSR beeinflusst werden; in 2007 waren es 43 Prozent. Konsum wird zunehmend politisch, so lautet eine der wichtigen Veränderungen. Dass Unternehmen sich in der Zukunft gesellschaftlich stärker engagieren müssen, dieser Meinung waren 84 Prozent der befragten Studienteilnehmer. Corporate Responsibility wird als Pflichtaufgabe der Unternehmen gesehen.
Eine Erkenntnis, die nicht gerade frisch vom Baum gefallen ist. 2007, um bei diesem Jahrgang zu bleiben, war das Jahr des Klimaschutzes, der sich neben Umweltschutz zu einem der Hauptthemen in den Medien entwickelte. Die Bedeutung von CSR für die Markenführung nahm weiter Gestalt an.
Für wen, muss man sich allerdings fragen, wenn man in die jüngste Vergangenheit schaut.
Dem Beinahekollaps der weltweiten Finanzmärkte folgte 2009 eine Wirtschaftskrise. Kaum scheint diese überwunden, erhält die Umweltkatastrophe von BP im Golf von Mexiko die gesammelte Aufmerksamkeit. Es folgten weitere Krisen und Skandale mit den entsprechenden medialen Begleiterscheinungen: die technischen Probleme der Bahn, die Kritik an Nestlé, das Unternehmen trage zur Abholzung der indonesischen Regenwälder bei, die Dumpinglohnvorwürfe gegen den Textildiscounter KiK, das Gerangel um die längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke, die Bürgschaften der Steuerzahler für die Hypo Real Estate und so weiter und so fort. Diese Entwicklung vermittelt den Bürgern zunehmend das Gefühl, dass sich zwischen Rhetorik und Realität ein gefährlicher Graben auftut. Deren Vertrauen in Wirtschaft und die Unternehmen schwindet, dies ist ein weiteres Resultat der Studie. Konträr dazu steht – vor dem Hintergrund der Pflichtaufgabe Corporate Responsibility – die Einsicht „Wer verkaufen will, muss sich zunehmend gesellschaftlich engagieren und verantwortungsvoll handeln“.
„Starte möglichst viele Projekte, die dein Unternehmen möglichst verantwortungsbewusst gegenüber Umwelt, Mitarbeitern, Kunden und der Gesellschaft dastehen lassen … Aber lasse auf keinen Fall zu, dass der ganze Öko- und Sozialklimbim deine Profitabilität beeinträchtigt“ – so die im Beitrag „Mehr Schein als Sein“ des aktuellen manager magazins (9/2010) nachzulesende überspitzte Beschreibung des Verständnisses von Nachhaltigkeit, das sich in den vergangenen Jahren in vielen Konzernen eingebürgert habe (siehe auch „Nachhaltigkeit / Grüner wird’s nicht“ in der Online-Ausgabe).
Eine Sichtweise, die aufgrund der dargelegten Fakten nachvollziehbar, leider aber auch zu einseitig ist. Denn es gibt immer mehr Unternehmen, bei denen Corporate Responsibility als Kernbestandteil in der Unternehmensstrategie mit klaren Zielen und Messgrößen verankert ist. Die aber primär nach dem Prinzip „Tue Gutes und rede nicht darüber“ agieren. Gerade Mittelständler und Kleinbetriebe tun sich mit der wichtigen Kommunikation gelebter unternehmerischer Verantwortung noch etwas schwer. Apropos Vertrauen: Laut Studie halten 53 Prozent der Deutschen mittelständische Unternehmen für verantwortungsvoll, bei Kleinbetrieben sind es sogar 68 Prozent. Für Großunternehmen ist das Ergebnis mehr als umgekehrt: 52 Prozent der Befragten sagen, dass Großunternehmen, unabhängig von Branche und Herkunft, nicht verantwortungsvoll handeln. CSR auf dem Prüfstand – und wer lernt wann daraus?