„Social Media“ – der eine kann es nicht mehr hören, der andere kann sich nicht wirklich etwas darunter vorstellen. Und dennoch: Immer mehr Unternehmen wagen es, aktiv auch größere Kampagnen in Blogs, Facebook, Twitter und Co. zu starten. Das zeigt auch eine aktuelle Studie der Universität St. Gallen zum Thema “Social Media in Unternehmen”: 82% der befragten Firmen haben vor, eine Strategie für die Kommunikation über soziale Netzwerke aufzusetzen. Entsprechend akut ist bei Kommunikationsverantwortlichen die Frage nach der Wirkung:
- Wie lässt sich der Erfolg von Social-Media-Aktivitäten messen?
- Wie stark lässt sich die Community durch geplante Kommunikation steuern und beeinflussen?
- Und: Lässt sich anhand der Ergebnisse gar ein Return on Investment (RoI) errechnen?
Den ersten beiden Fragen hat sich unter anderem die Arbeitsgemeinschaft Social Media (AGSM), eine Interessensvertretung von Social-Media-Betreibern, Kommunikationsdienstleistern und Forschungsinstituten, gewidmet. Für ein methodisches Vorgehen beim „Social Media Measurement“ hat die AGSM eine interessante Grafik erstellt, welche verschiedene Messebenen definiert. Unterschieden werden grob 3 Ebenen:
Kontext-/Netzwerkebene: Wie sichtbar ist das Social-Media-Angebot? (u. a. Reichweite, Anzahl der Outlinks, Anzahl der Verlinkungen bei Google)
- Nutzerebene: Wer nutzt das Angebot und wie verhalten sich die Besucher? Wie wahrscheinlich ist es, dass das Angebot weiterempfohlen wird? Stimmen die erreichten Nutzer mit der gewünschten Zielgruppe überein? (u. a. Verweildauer, Involvement, Loyalität, Verhalten, Affinität, Demographie)
- Inhaltsebene: Wie steht es um die Qualität der Inhalte? (u. a. Intensität, Themenspektrum, Wortnennungen, Autoren)
Klar ist, dass für eine aussagekräftige Erfolgsmessung bezüglich Social-Media-Angeboten klassische Messgrößen wie etwa Page Impressions, Visits, Nutzerzahlen, die in der Kontext-/Netzwerkebene erfasst werden, (alleine) nicht ausreichen. Das Bestreben der AGSM ist es daher, eine einheitliche Social-Media-Währung zu etablieren, die alle Ebenen einbezieht und auch qualitative Faktoren berücksichtigt. Eine Aufgabe, die sicher noch viel Zeit braucht. Doch ist dieser Ansatz der Richtige? Zunächst bleibt vor allem die dritte Frage offen, nämlich die nach dem Return on Investment. Dazu ein kleiner Exkurs:
Der Blogger Matias Roskos hat gerade erst einen Versuch gestartet, den RoI einer Facebook-Fanpage zu berechnen. Dabei hat er alle faktisch messbaren Größen wie Anzahl der Fans, Beiträge und Interaktionen durch Kommentare miteinander in Verbindung gesetzt, um Kontakte erster und zweiter Klasse zu bestimmen. Zur letztendlichen Ermittlung des RoI hat er das klassische Media-Maß TKP (Tausender-Kontakt-Preis) genutzt. Eine Methode, die Roskos selbst wie auch sein “alter Social Media Freund” Hannes Treichl, als “Milchmädchenrechnung” ansehen, da die Metaperspektive fehlt. Fragen wie etwa “Zu welchem Zweck betreibe ich eine Fanpage?” oder “Wie positioniert sich die Facebook-Fanpage in meiner Social-Media-Landschaft?” werden nicht berücksichtigt.
Brian Solis, der in den späten 90er Jahren den Begriff PR 2.0 prägte, setzt an einer ähnlichen Stelle an und geht noch einen Schritt zurück: Er empfiehlt, die Wirkungsmessung an der vorher definierten Zielsetzung der Social-Media-Strategie auszurichten, beispielsweise: Soll der Abverkauf eines Produkts gesteigert werden? Möchten Sie die Bekanntheit Ihrer Marke erhöhen? Oder soll der Einsatz von Social Media den Support entlasten?
An dieser Stelle muss der Controller in mir das Wort ergreifen: Die eingangs gestellte Frage “Wie kann der Return on Investment von Social-Media-Kampagnen und -Strategien gemessen werden?” wird bislang nur punktuell und nicht ganzheitlich betrachtet. Ich behaupte, dass eine valide RoI-Rechnung sowohl für Kommunikationsspezialisten als auch für Controller mehr als wünschenswert ist. Denn eines ist sicher: Erfolge gegenüber Kunden, Stakeholdern und/oder Vorgesetzten zu dokumentieren, ist “mission critical”.
Zusammengefasst muss man wohl Folgendes berücksichtigen:
- Für eine RoI-Berechnung muss die Social-Media-Pipeline (SMP) ganzheitlich betrachtet werden. Am Anfang stehen die Ziel- und Strategiedefinition, dann kommen die Maßnahmen und am Ende die Evaluation, in der sich die qualitativen und quantitativen Messgrößen individuell aus den Zielen ableiten.
- Für die monetäre Bewertung brauchen Sie harte Messgrößen wie etwa “gestiegene Onlineverkäufe” oder die “Reduktion von Supportaufwendungen”, deren Nutzen eindeutig zu bewerten sind. Im Gegensatz dazu sind Kennzahlen wie “Anzahl der Follower bei Twitter” oder die “Anzahl der Interaktionen auf Facebook” für den RoI nicht direkt nutzbar. Allerdings muss man davon ausgehen, dass es hier indirekte Verknüpfungen und somit Einflussnahme auf den RoI gibt.
- Denkbar ist also eine Art Balanced-Score-Card-Ansatz, durch den das Zusammenspiel aller Kennzahlen in Bezug auf die Ziele und somit auch auf die Strategie darstellbar wird.
Fazit
Es kann kein Schema-F-Standardvorgehen geben: Social Media ist vielfältig und entwickelt sich rasend schnell weiter. Bis valide und breit anerkannte Messmethoden sowie entsprechende Tools zur Verfügung stehen, werden sich Social-Media-Verantwortliche bei der Erfolgskontrolle mit den Analysen und Messwerten begnügen müssen, die unterschiedliche Tools bereits jetzt liefern, aber eher den Charakter von Indikatoren haben. Zudem wird es unumgänglich sein, analog zu klassischen PR-Projeken, je nach Aufgabe und Zielsetzung, individuelle Messpunkte für die jeweilige Erfolgskontrolle zu definieren.