Die von unseren Kunden bedienten Märkte kommen 1994 richtig in Schwung und wir erhalten immer schönere Aufgaben – nun auch von wirklichen Global Playern. Die Deregulierung des deutschen Telekommunikationsmarktes beginnt und die berühmte Datenautobahn wird zum Buzzword No. 1. Ausländische Telekom-Anbieter drängen auf den deutschen Markt und wir gewinnen Mitte des Jahres British Telekom als Kunde. Große Aufgaben der Corporate PR liegen an und wir betreuen als PR-Agentur erstmals ein Unternehmen, dessen Logo zumindest in Großbritannien das Straßenbild mit prägt.
Medial ist auch einiges los: Nach einem “Wetten, dass …?”-Auftritt von Helge Schneider gelangen Katzenklos ins kollektive Bewusstsein der Deutschen. Das gleiche gilt auch für Peanuts. Ersteres geht als Durchbruch in die Geschichte ein, die Peanuts als PR-Super-Gau eines Dax-Vorstands. Damit so etwas in Zukunft seltener passiert, startet in Leipzig unter der Leitung von Prof. Dr. Günter Bentele der erste Studiengang für Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations im deutschsprachigen Raum. Da der PR-Nachwuchs in Deutschland mangels Ausbildungseinrichtungen dünn gesäht ist, starten auch wir bei Fink & Fuchs im Herbst unseren ersten Volontariatsjahrgang.
Die technische Seite der Kommunikation verändern jedoch andere. Über das D1-Netz wird die erste SMS verschickt – gedacht als B-to-B-Service ;-). Am M.I.T. wird das World-Wide-Web-Consortium gegründet und auf der CeBIT surfen wir im noch überschaubaren Web, das im Laufe des Jahres knapp 1.000 Domains beheimaten wird und auch erste Bilder zeigt. Ab Herbst nutzt der Spiegel als weltweit erstes Nachrichtenmagazin das Internet – noch ohne eigene Domain –, Amazon wird gegründet und unter dem Namen “David and Jerry’s Guide to the World Wide Web“ geht die spätere Suchmaschine Yahoo ans Netz.
Die Grundsteine für Online-Kommunikation/-PR/-Marketing beginnen sich langsam zu stapeln.
Bei Fink & Fuchs klingelt derweil im Frühjahr das Telefon und ein unbekannter Anrufer von einer nur Fachleuten bekannten Firma fragt im ersten Satz “Haben Sie E-Mail?” – “Ja, klar doch!” – “Gut, dann können wir weiterreden. Wir suchen eine PR-Agentur und E-Mail ist Grundvoraussetzung.” Dies ist der Auftakt der großartigen Zusammenarbeit mit unserem Kunden Cisco Systems.
Dass diese Kundengewinne für die strategische Entwicklung der Agentur extrem bedeutend sind, können wir nur erahnen. Mit dem Mandat von British Telecom öffnen sich für uns die Türen der Wirtschaftspresse. Und für Cisco verfolgen wir zusammen mit unseren ersten europäischen Partneragenturen einen bei Tech-Unternehmen völlig ungewohnten PR-Ansatz: “Sprich nicht über technische Features – sondern zeige den Menschen, was sie damit anstellen können und was das Ganze für Wirtschaft und Gesellschaft bedeutet.” Im Klartext: Wir machen keine PR für “Router & Netze”, sondern betreiben mit wirklich schönen Kampagnen Aufklärung rund ums Internet und seine Auswirkungen. Wir erfinden fiktive Internet-Geschäftsmodelle, beschreiben Online-Lern- oder E-Government-Plattformen sowie private Anwendungsszenarien. Als später sogar die “Bunte Illustrierte” unsere Materialien aufgreift, ist es dann soweit, dass wir sogar mit Tech-Themen in der Tages- und breiten Publikumspresse große Erfolge feiern. Die diesen Cases innewohnenden Mechaniken der “Innovationskommunikation” und des “Agenda Setting” werden in den kommenden Jahren unsere von Agentur-Kollegen entwickelte Methodik und unseren Beratungsansatz nachhaltig mitbestimmen.
Das 12-köpfiges Team unserer PR-Agentur betreut nunmehr 18 Kunden, darunter nun auch die neue PC-Division von Digital Equipment. Wirtschaftlich ist es ein gutes Jahr, unseren Betriebsausflug verbringen wir im Schwimmbad mit Sondergrillgenehmigung und Weihnachten wird in der Agentur gefeiert. Wir haben dort von den acht verfügbaren, halben Büroetagen eine weitere angemietet, um Platz für mehr Wachstum zu bekommen. Übrigens ist 1994 auch das Jahr, in dem bei Fink & Fuchs der Mitarbeitergewinnbonus eingeführt wird und in dem die ersten Mitarbeiter der Agentur in den Genuss eines Mini-Sabbaticals kommen: Nach fünf Jahren Zugehörigkeit gibt es einmalig vier Wochen Sonderurlaub. Die “Chefs” haben das also als Erste getestet und für gut befunden.
Ansonsten ist auch abseits der PR und Technologie einiges los in der Welt: Mandela wird erster schwarzer Staatspräsident Südafrikas. Österreich entscheidet sich für den EU-Beitritt, die letzten russischen Truppen verlassen Deutschland und Helmut Kohl wird schon wieder Kanzler. Die Deutsche Bahn AG gründet sich, der Bundestag beschließt die Transrapid-Strecke Hamburg-Berlin und der Eurotunnel schafft zumindest logistisch eine kleine Verbindung zwischen Groß-Britannien und “the continent”. In den USA löst sich nach dem Tod Kurt Cobains die Band Nirvana auf und die MTV Europe Music Awards feiern am Brandenburger Tor ihr Debüt. Die sensationellen Winterspiele von Lillehammer gehen über die Bühne und die Fußball-Weltmeisterschaft in den USA ist für deutsche Fans zum Wegschauen. Aber dafür dürfen die deutschen Motorsportler jubeln: Schumi wird erster deutscher Formel-1-Weltmeister!
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